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Magie und Medizin

Stern Nr. 11 / 2014
Stern Nr. 11 / 2014

Der ausgebildete Arzt und Comedian Dr. Eckart von Hirschhausen war Gastautor der Stern-Titelstory 'Magie und Medizin'. In seiner locker-humoristischen Art beschreibt Eckart von Hirschhausen den oft öffentlich und auch in Fachkreisen diskutierten Widerspruch zwischen der allgemein verbreiteten Schulmedizin und der Alternativen Medizin. Wie sollen bestimmte Alternative Heilmethoden wirken und warum? Woran liegt es, dass immer mehr Menschen sich von der Schulmedizin verlassen und zur Alternativen Medizin hingezogen fühlen? Und letztendlich: Gibt es tatsächlich einen Widerspruch zwischen Schulmedizin und Alternativer Medizin. Hier kommt mein Eindruck zu dieser Stern-Titelstory!

Was Eckart von Hischhausen uns nach meiner Meinung in seinem Stern-Leitartikel vermitteln möchte (oder sollte), ist, dass die Medizin im Umgang mit dem Menschen, bzw. dem Patienten mehr Menschlichkeit und Einfühlungsvermögen walten lassen sollte. In seinem Vergleich vom Kind, das zu seiner Mutter kommt, weil es sich verletzt hat, erfährt dieses Kind durch tröstende Worte und eine liebevolle Umarmung mehr Heilung, als durch einen Arzt, der das Kind routinemäßig im 10-Minuten-Takt untersucht, behandelt, vielleicht sogar noch eine Spritze verpasst, wovor das Kind Angst hat und es dann wegschickt.  

 

Das Wort Magie wird (und soll wohl auch) viele Leser zum Schmunzeln bringen. Ich sehe hier das Aufbauen einer persönlichen Beziehung zwischen dem Behandelnden und dem Patienten, das bewusste Zulassen echter Empathie und Mitgefühl und sich Zeit nehmen für seine Mitmenschen. Entscheidungen und Empfehlungen zu Gunsten des zu behandelnden Menschen und nicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder weil der den Arzt sponsornde Pharmakonzern das so vorschreibt. Dies sind zwischenmenschliche Dinge, die im heute immer mehr betriebswirtschaftlich geprägten Alltag eines Mediziners zu kurz kommen. Das System verlangt es einfach so, damit die Praxis wirtschaftlich läuft. Es gibt aber auch schon einen Gegentrend zum routineabgestumpften Arzt: Beispielsweise finden Sie immer mehr Zahnärzte, die sich auch Angstpatienten als Segment spezialisieren. Einfühlsame Behandler machen Leiden erträglicher.

 

In diesem Artikel spreche ich ganz bewusst nicht die Fraktion der 'Ärzte-Jogger' an, die als Zeitvertreib als Leidklagende und Energievampire von Arztpraxis zu Arztpraxis ziehen, um aller Welt zu verkünden, wie schlecht es ihnen doch geht und sich mindestens einmal wöchentlich ihre Tüte Mitleid abholen wollen. Eine tatsächliche Heilung wäre für solche Patienten eine viel größere Katastrophe, weil sich dann niemand mehr um sie kümmern würde.

 

Die nach meiner Internetrecherche für mich treffenste Interpretation für den Begriff Magie lesen Sie hier:

 

Magie ist

die Kunst und die Wissenschaft

im Einklang mit dem Willen

Veränderungen herbei zu führen.

 

 

Der gute Wille zum Heilen und Heilwerden wollen sowie die gegenseitige Empathie zählen also auf beiden Seiten - beim Behandler und beim Patienten. Doch ohne die nötigen Kompetenzen geht es bei beiden nicht.

 

...und was meint Dr. med. Eckart von Hirschhausen selbst zum Umgang mit Ärzten?

Ein zweites Hauptthema beherrscht diesen Stern-Leitartikel: Die offiziell sogenannte Alternative Medizin. Gemeint ist die Naturheilkunde, die ja nicht von jedem immer so ganz ernst genommen wird. Eckart von Hirschhausen prägte dazu einen sehr schönen Spruch:

 

"Wieso eigentlich Alternative Medizin? Es gibt ja auch keine Alternative Mathematik?"

 

Recht hat er! Eckart von Hirschhausen gibt mit viel Humor einige sehr praktische Tipps zum Umgang mit Ärzten und gibt interessante Hintergrundinformationen zu unserem ziemlich kranken Gesundheitssystem.

 

Die Naturheilkundler, sprich Heilpraktiker und ganzheitlich praktizierende Ärzte, nehmen sich grundsätzlich mehr Zeit für Ihre Patienten und setzen auf Empathie, die es bei den 'Fließbandärzten' zu wenig gibt. Damit wird auch gerne erklärt, warum sich viele Menschen von der Schulmedizin ab- und der Naturheilkunde zuwenden. Wir könnten jetzt eine lange Diskussion führen, wie wirksam Naturheilkunde ist oder nicht und wo die Grenzen der Schulmedizin sind. 

 

Ich sage dazu nur: die so gerne eingeforderten wissenschaftlichen Beweise um die Wirksamkeit von Methode x oder y hin oder her: Die Naturheilkunde ist teilweise viele tausend Jahre alt. Glauben Sie, dass irgend eine naturheilkundliche Methode diese Zeit bis heute überlebt hätte, wenn sie sich nicht kontinuierlich in der Praxis als wirksam erwiesen hätte? Das wohl bekannteste Beispiel ist die Akupunktur aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).

 

Der Stern-Leitartikel stellt auch kurz verschiedene, naturheilkundliche Behandlungsmethoden vor, sagt, was diese Methoden bewirken (sollen) und wie der Mediziner diese Methoden in der Regel erlernen kann.

 

Eckart von Hirschhausen hat unter dem Motto 'Weniger ist mehr' für mich ein gutes allgemeines Fazit zu Ärzten, Arztbesuchen und die Sorge um die eigene Gesundheit gezogen:

 

 

Mein Fazit:

 

So sehr ich Eckart von Hirschhausen in seiner humoristischen Art mag, hat dieser Stern-Leitartikel für mich einen sehr unterwandernden, negativen Unterton:

 

Besonders die Beschreibungen der naturheilkundlichen Methoden suggerieren dem Leser schnell, dass hinter Akupunktur, Bioresonanz & Co. nicht viel dahinter steckt bzw. das Risiko recht hoch ist, an unseriöse Praktiker zu geraten, weil das Erlangen diverser Qulifikationen doch meist mit sehr übersichtlichem Zeitaufwand und wenig Qualitätsstandards einhergeht. Der Leser wird hier für mein Empfinden gezielt verunsichert, was nicht heißt, dass die angegebenen Zeitrahmen für naturheilkundliche Weiterbildungsmaßnahmen falsch angegeben, aber die ungünstigsten Fälle herausgestellt worden sind. 

 

Ich nehme am besten wieder das Beispiel der Akupunktur heraus: Ja, es wird (über mehrere) Wochenendkurse für Ärzte angeboten und ja, das reicht in gar keinem Falle für eine fundierte Akupunkturausbildung aus! Eine fundierte Ausbildung in TCM mit Schwerpunkt Akupunktur sollte mindestens 6 Jahre bei einem angesehehen Institut oder einem sehr erfahrenen Lehrer durchlaufen worden sein. Eine mit mir koopierienende TCM-Ärztin pflegt zu sagen: "Es gibt keine schlechte Akupunktur - nur schlechte Akupunteure." Viele naturheilkundliche Methoden, die als Weiterbildung und nicht im Rahmen einer Heilpraktiker-Vollzeitausbildung vermittelt werden, gibt es als Wochenendseminare mit verschiedenen Aufbaustufen. Sinn ist es hierbei, dass Praktiker, die im Berufsleben stehen und sich nicht über längere Zeit einen Verdienstausfall leisten können, in einem Basisseminar Grundlagen erlernen, die sie dann über die Jahre unter Aufsicht und mit Prüfungen immer weiter ausbauen und in ihren Praxisalltag langsam eingliedern, bis sie sich mit ihrer neuen Methode sicher fühlen. Ausschlaggebend ist hier die Seriösität des weiterbildenden Instituts bzw. des Verbandes, die die Weiterbildung anbietet.

 

Es kann also nicht schaden, sich über den Behandler, dessen Weiterbildung und Methoden und seine Erfahrungen vor einer Behandlung zu informieren. Es ist ganz wichtig, dass Sie sich beim Behandler Ihrer Wahl gut angenommen und verstanden fühlen. Sonst suchen Sie sich bitte lieber jemand, bei dem es menschlich und fachlich besser 'passt'.

 

Im Abspann der Videos von Eckart von Hischhausen sehen Sie die Bertelsmann AG als Auftraggeber dieses Films. Da im Bertelsmann-Aufsichtsrat auch mehrere Mitglieder aus Pharmakonzeren sitzen, die sicherlich weniger Affinität zur Naturheilkunde haben, gehe ich davon aus, dass diese Videos sowie der Stern-Leitartikel von Eckart von Hirschhausen wohl nicht als Werbung für die Naturheilkunde beabsichtigt ist. Das deckt sich auch stimmig mit meinen Eindrücken über die Beschreibung verschiedener naturheilkundlicher Methoden, die den Leser (bewusst) eher verunsichern (sollen). Die unausgesprochene Werbung bzw. Aufforderung ist hier (offenbar): Gehen Sie zu einem richtigen Arzt, der sich noch Zeit für sie nimmt, aber machen Sie besser keine Experimente mit Naturheilkundlern! Dass es auch bei Schulmedizinern genügend schwarze Schafe gibt oder viele von Pharmakonzernen gesponsorte Ärzte aus Provisionsgründen lieber Medikamente ihres Sponsors verschreiben, als das was für den Patienten am besten ist, bleibt in diesem Stern-Leitartikel (natürlich) unausgesprochen. Die Bertelsmann Stiftung hatte auch schon Alternative Heilmethoden unter die Lupe genommen und ihnen einen berechtigten Platz in der medizinischen Landschaft eingeräumt, ohne zu viel Lob zu verlieren.

 

Die Massenmedien sind allgemein zurückhaltend, was das Lob an die Naturheilkunde angeht. Das ist mit immer wieder aufgefallen. Die Leute, die das Geld haben und den Ruf anderer Leute und die Medien beeinflussen können, machen die Meinung. Und das sind eben nicht die eher kleinen Hersteller von Naturmedizin. Bedenken Sie bitte auch, dass der naturheilkundlichen Methoden oft unterstellter Plazeboeffekt auch ein wichtiges Forschungsfeld der Pharmakonzerne ist, der sich in der Wachstumsphase befindet. 

 

Für mich ist es sehr wichtig, dass Sie trotz aller aufgedeckter Manupulationsversuche selbst Ihre Augen für beide Seiten offen halten und sich ein eigenes, unabhängiges Urteil bilden: die Naturheilkunde vorwiegend zur Prävention und Unterstützung einer schulmedizinischen Behandlung und die Schulmedizin als Akut- und Intensivmedizin. Zusammen machen beide vermeindlichen Gegensätze ein gutes Team für Ihre Gesundheit. Und schauen Sie sich Ihre Behandler vorher gut an, bevor Sie sie an sich heran lassen. 

 

In diesem Sinne: Bleiben Sie mir bitte aufgeschlossen, kritisch und gesund!

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