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Sterbehilfe

Das Thema Sterbehilfe ist ein extrem emotional besetzes Thema, das sehr kontrovers diskutiert und auch tabuisiert wird.

 

Kein Patient hofft, jemals in solch eine Situation zu kommen. Kein Angehöriger will in solch einer Situation eine Entscheidung treffen müssen und kein Arzt die Verantwortung übernehmen, seinen Patienten sterben zu lassen und nichts dageben zu unternehmen.

 

Besonders durch unsere Vergangenheit aus dem 3. Reich ist dieses Thema gerade in Deutschland sehr sensibel besetzt.

 

Hier in Deutschland bilden sich aber klar zwei Lager, die in solch einer finalen Situation Vorsorge treffen wollen - ob aktiv oder passiv.

Sollte es einen rechtsanspruch auf Sterbehilfe geben?

Für mich stehen beim Thema Sterbehilfe die individuellen Ansichten eines Einzelnen den Ansichten der Angehörigen, der Gesellschaft und deren Werte und Gesetze gegenüber.  

 

Für Haustiere ist eine Sterbehilfe im Falle des Leidens an einer todbringenden Krankheit zur Vermeidung und Verkürzung von Leiden von unserer Gesellschaft allgemein anerkannt und wird rechtlich unterstützt. Hier mag es bei vielen Lesern jetzt einen Aufschrei geben, aber für viele Tierhalter, die sich auf eine enge Beziehung mit ihrem Haustier einlassen, ist ihr Haustier ein vollwertiges Familienmitglied und der Verlust genau so schmerzhaft wie der Verlust eines Menschen. Auf der einen Seite ist es für viele Tierfreunde ein Segen, einem Tier legal viel Leid ersparen zu können. Es gibt leider, trotz klarer rechtlicher Auflagen, genügend unseriöse Tierärzte, die unerwünschte Haustiere beseitigen oder in überfüllten Tierheimen wieder Platz schaffen.  

 

Früher einmal starben die Angehörigen auf dem häuslichen Totenbett im Kreise der Familie. Der Tod war ein erlebter Teil des Lebens. Heute sterben viele Menschen einsam im Krankenhaus. Der Tod wird in der heutigen, modernen Gesellschaft weitgehend tabuisiert. Selbst in der medizinischen Ausbildung wird das Thema Tod eher auf einen mechanischen Vorgang reduziert. Spirituelle Aspekte werden von der Schulmedizin grundsätzlich ignoriert. Doch im Hintergrund wächst eine neue Generation von spirituellen Ärzten heran, die begriffen haben, dass bei einer ernsthaften Heilung ihrer Patienten auch (bio)energetische Aspekte gesehen werden müssen. Das gilt besonders in todesnahen Situationen. Im modernen Krankenhausalltag regiert heutzutage in der Regel die betriebswirtschaftliche Effizienz über die Menschlichkeit. Zu starke zwischenmenschliche Beziehungen zwischen Patienten und Krankenhauspersonal gelten als unprofessionell. Eine gewisse professionelle Distanz ist andererseits auch stets ein wichtiger Schutz für alle, die aktiv mit Menschen zu tun haben, weil es sonst zu viel Energie kostet. In einem sehr stark ausgelasteten Krankenhaus kann es schon einmal passieren, dass ein für offiziell tot erklärter Patient hinaus auf den Gang gefahren wird, damit ein neuer, lebender Patient den begehrten Platz im Krankenzimmer erhalten kann. Bei Personalmangel muss die Entscheidung gefällt werden, welchem Patienten in einer lebensbedrohlichen Situation jetzt als erstes geholfen wird. Klar und verständlich ist, dass ein 80-jähriger Patient gegen einen 20-jährigen Patient eindeutig 'den Kürzeren ziehen' wird...aber es bleibt eine Wertung gegen das Leben eines einzelnen Menschen, weil die Geschäftsleitung aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht mehr Personal einstellen wollte und so den Tod von Patienten billigend in Kauf nimmt. Diesen unmenschlichen Trend nennt man Priorisierung.

 

Aus meinem Bekanntenkreis hörte ich im vergangenen Jahr von einem Fall einer Großmutter, die im hohen Alter mehrmals innerhalb weniger Tage mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden musste. Nach dem dritten Mal sagte der Notarzt zu den Angehörigen: "Wenn das nochmal passieren sollte, rufen Sie bitte nicht mehr den Rettungswagen." Bei solch einer abgebrühten Aussage bin ich persönlich echt platt!   

 

 

Patienten bei Bewusstsein, die sich im Endstadium ihres Lebens befinden, erhalten aber öfter die Möglichkeit, ihre letzten Tage in einem Hospiz oder zu Hause bei ihren Angehörigen erleben zu dürfen. Hier können auch wieder engste zwischenmenschliche und spirituelle Aspekte zum Tragen kommen.

 

Vor einigen Jahren hatte ich einmal eine Chatbekanntschaft, deren Mann schwer krebskrank war. Sie war sein knappes, letztes Jahr stets an seiner Seite, bis er nur noch bettlegerich war. Zunächst im Krankenhaus und auf Bitten der Beiden seine letzten zwei Wochen zum Sterben zu Hause bei seiner Frau. Eines Abends schlief er friedlich in den Armen seiner Frau ein und wachte am nächsten Morgen nicht mehr auf. Das war das größte, intimste und schönste Geschenk, dass sich dieses Ehepaar machen konnte. Nach dem Tod ihres Ehemannes fiel die Frau natürlich erstmal in ein tiefes, psychisches Loch und brauchte viel psychologische Unterstützung, um wieder im Alltag Fuß fassen zu können. Für mich ist diese Frau eine Heldin, der ich höchsten Respekt zolle.

 

Um im Extremfall nicht den Entscheidungen anderer ausgeliefert zu sein, empfiehlt es sich, rechtlich vorzusorgen...und zwar nicht erst im hohen Alter, denn dieser Extremfall kann jederzeit im Leben eintreten.

Eine Patientenverfügung ist sehr wichtig

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind geschrieben und optimal notariell abgesichert für den Fall, dass der Patient sich nach einem Unfall oder einer schweren Krankheit nicht mehr zu seiner Behandlung äußern kann. Dieses Thema fällt in den Bereich selbstbestimmte passive Sterbehilfe, womit eine Person vorab in genau definierten Situationen die Einleitung von Wiederbelebungsmaßnahmen oder eine künstliche Lebensverlängerung gezielt untersagen kann.

 

Nun kommt ein Mensch in eine erlebte Situation, wo er / sie ganz bewusst nicht mehr weiter leben möchte. Klassischerweise wegen einer unheilbarer Krankheit, die den Verlust der eigenen Selbstbestimmung und schweres Leid im Endstadium mit sich bringen wird.

 

In der Schweiz gibt es die Möglichkeit des assistierten Suizids auf kommerzieller Basis. Mit schweizer Präzision perfekt organisiert, bieten Organisationen wie EXIT oder DIGNITAS nach Prüfung der persönlichen Verhältnisse und Motivationen die Möglichkeit einer begleiteten Selbsttötung an. Der durchschnittliche Preis für diese Dienstleistung liegt bei rund 6000,- Euro. Diese schweizer Organisationen sind für viele Schwerstkranke der letzte Rettungsanker, um unausweichliches, schweres Leid zu vermeiden. Das Geschäft mit dem Sterbetourismus boomt...aber nur für Menschen mit dem nötigen Kleingeld.

 

Wichtig zu erwähnen, ist, dass es sich hier um todkranke Patienten handeln muss, die einen unausweichlichen, langen Leidensweg für sich vermeiden wollen - nichts anderes!

Habe ich ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben?

Wer wirklich sterben will, der beendet sein Leben, ohne es in der Regel zuvor zu groß anzukündigen. Möglichkeiten gibt es genug.

 

Wer selbst aktiv nicht mehr in der Lage ist, macht es wie meine beiden Großmütter, die bei nach längerem Siechtum im Pflegeheim die Nahrung verweigerten bis sie starben. Sie können sich vorstellen, dass diese beiden Fälle bis zum Tod eine harte Zeit für meine gesamte Familie waren.

 

Wer mit Selbstmord droht, braucht Hilfe,...aber sicherlich keine Sterbehilfe!

 

Sobald aktive Sterbehilfe legalisiert werden sollte, sehe ich die großen Risiken, dass ein Schwarzmarkt für 'finale Medikamente' weiter wächst und dass kranke oder alte Menschen aus ihrem sozialen Hintergrund heraus, wenn auch nur durchaus subtil, unter Druck gesetzt werden, diesen letzten Schritt zu gehen, was sie beim Arzt dann natürlich verschweigen würden.  

 

Die Meinungen, die zum Thema Sterbehilfe existieren und die Meinungen, die zum Sterbehilfe gemacht werden, sind sehr differenziert und vielschichtig. In der TV-Sendung 'Hart aber fair' wurden diese Aspekte nach meiner Meinung sehr gut und umfassend erörtert:

Die Missbrauchsgefahr bei der Sterbehilfe

Für mich steht fest, dass sich unsere Gesellschaft zum Thema Sterbehilfe weiterentwickeln wird und auch noch weiterentwickeln muss. Dies wird allerdings in zwei Bahnen geschehen:

 

Zum Negativen wird es in Zukunft noch mehr potenzielle Selbstmörder geben, die aufgrund Gesellschaftsdruck oder Ausweglosigkeit ihrer Lebenssituation darüber nachdenken werden, ihr Leben vorzeitig zu beenden. Der klassische Familienzusammenhalt zerfällt immer mehr und ein krankes oder arbeitsloses Familienmitglied kann schnell die wirtschaftliche Situation der gesamten Familie gefährden. Das beste Beispiel ist hier die sogenannte 'Sippenhaft' bzw. Bedarfsgemeinschaften bei HARTZ IV. Wer Familienangehörige parallel zur abhängigen Erwerbstätigkeit oder ausschließlich betreut, ist für Arbeitgeber schnell unattraktiv. Die Abschiebung der pflege- oder betreuungsbedürftigen Person in ein Heim drängt sich schnell auf, was meistens mit zusätzlichen Kosten für den Heimaufenthalt einher geht, wenn die betroffene Person keine eigenen finanziellen Mittel (mehr) hat. Die heute schon überall offensichtliche Altersarmut wird in den kommenden Jahrzehnten drastisch zunehmen. Wenn die heutigen Mittdreißiger und Mittvieriger im Rentenalter sein werden, besteht fast die Hälfte der deutschen Gesamtbevölkerung aus alten Menschen. Da es mit den gesetzlichen und wahrscheinlich auch bald den staatlichen Rentenkassen nicht gut für diese Rentnergeneration aussieht, stehen wir vor einer gigantischen Armutswelle in Deutschland, wenn sich politisch und gesellschaftlich in Deutschland nicht möglichst schnell und ganz radikal etwas ändert. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen jetzt schon nur noch das Nötigste an medizinischer Versorgung. Wer in Zukunft ernsthaft krank wird und finanziell nicht abgesichert ist, wird es schwer haben. Dass HARTZ IV für schon einige verzweifelte Menschen Grund zum Suizid war, finde ich erschreckend genug. Bei solch einem Szenario ist es kein großer Schritt mehr zu der Feststellung: "Ich bin eine Belastung für die Gesellschaft. Das Leben ist nicht mehr lebenswert. Ich will nur noch sterben." 

 

 

Unser positives Ziel sollte es sein, menschlich wieder näher zusammen zu rücken. Unsere Gesellschaft muss wieder menschlicher, gemeinschaftlicher und liebevoller geprägt sein, um das Leben wieder lebenswerter zu machen. Wenn es nicht nur mit einem gestärkten Familienzusammenhalt geht, sondern auch mit anderen Gruppen, die sich bilden, um für einander da sein zu können, wäre das ein guter Anfang, der sich zum gesellschaftlichen Megatrend entwickeln könnte, wenn Sie sich mehr für Ihre Mitmenschen öffnen und konsequent diese sozialen Strukturen schaffen und etablieren. Geld darf hier nicht im Vordergrund stehen. Innerhalb der Gruppe entlohnt man sich durch Austausch von Wissen, Anbahnung nützlicher Kontakte, Dienstleistungen und natürlich dem Gefühl einer sozialen Geborgenheit untereinander. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Mensch etwas dazu betragen kann, um sich positiv in eine soziale Gemeinschaft einzubringen! Diese Bewegung kann nur von unten (vom Einzelnen) nach oben (das gesamte Volk) geschehen. Dem könnte sich nach erfolgreicher Etablierung auch die Regierung nicht mehr verschließen oder es einfach ignorieren, wie es die derzeitige Regierung (2013) mit gesellschaftlichen Missständen einfach tut.

 

Wenn wir Menschen untereinander wieder unabhängige, gegenseitige Wertschätzung lernen, die sich nicht an der Größe des eigenen Autos, der getragenen Designerklamotten oder der Höhe des Gehaltsschecks orientieren, sondern an rein sozialen und zwischenmenschlichen Werten, dann sind wir auf dem richtigen Weg, dass jeder wieder sein Leben und das Leben seines Nächsten schätzt und respektiert. 

 

Das Leben überlebt niemand. So viel ist sicher. Zum Leben gehören Freud wie Leid. Beides erträgt sich in Gemeinschaft besser. Doch wer dann geht, soll in Gedanken an ein schönes, erfülltes Leben sein Leben vollenden und nicht aus Verzweifelung die Reißleine ziehen.

Weiterlesen zum Thema Sterbehilfe

Der Berufsverband der Rechtsjournalisten e. V. mit Sitz in Berlin hat auf seiner Website alle juristisch wichtigen Fakten zum Thema Sterbehilfe gesammelt und bietet darüber hinaus auch ein kostenloses eBook zum Herunterladen an. 

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